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Ironman

Ironman published on 9 Kommentare zu Ironman

Hamburg, Jungfernstieg, 2. Juni 2024, 06:14 Uhr.
Zusammen mit meinem Coach Olli und ca. 2500 anderen Menschen in Neoprenanzug, Badekappe und Schwimmbrille. Die Alster hat knapp 19°C, es ist leicht bewölkt und es scheint weder ein heißer noch ein kalter Tag zu werden. Ideale Bedingungen. Vor uns allen hier liegen 3.8 Km Schwimmen, anschließend 180 Km Radfahren und am Ende ein Marathon. In diesem Moment kommt mir dieses Vorhaben reichlich bekloppt vor. Wie bin ich hier nur hineingeraten?

Was mache ich eigentlich hier? Mein Magen grummelt. 06:15 Uhr, es fällt der erste Startschuss. Die Profifrauen starten auf der Triathlonlangdistanz zu Ihrer Europameisterschaft.

Was soll mir schon passieren? Ich habe mich gut vorbereitet. Ja, das Training lief nicht immer rund und wie geplant, aber im großen und ganzen ist es schon gut gelaufen. Ich weiß dass ich einen Marathon laufen kann, und dass ich 4 Km im Freiwasser am Stück schwimmen kann. Beides habe ich im vergangenen Jahr gemacht.

Ein Moderator heizt uns an. Wir klatschen. Es gibt motivierende Musik, reichlich Galgenhumor, Zuschauer um uns herum klatschen. Das alles rauscht irgendwie an mir vorbei. Übelkeit steigt auf. Um 06:20 Uhr der zweite Startschuss für die Paratriathleten.

Trotz all der Menschen um mich herum fühle ich mich allein.
06:30 Uhr, es geht los! Nach und nach kommt Bewegung in die Gruppe um mich herum und es geht Richtung Schwimmstart. Gegen 07:00 Uhr bewege ich mich die Rampe vom Jungfernstieg in die Alster herunter. Und dann das ….. ich bekomme Panik, atme sehr heftig, kann meinen Kopf nur über Wasser halten. Verdammt! Ich dachte so langsam habe ich das im Griff mit dem Freiwasser. Ein DLRG Mann auf einem Schwimmboard ist schnell bei mir und fragt ob ich heraus will, ich habe ja offensichtlich Probleme. Ich erkläre ihm, dass das ganz normal ist und ich nur ein paar Minuten brauche. Er versteht das, bleibt bei mir und irgendwann kann ich richtig Iosschwimmen, komme nach und nach immer besser in einen vernünftigen Schwimmrhythmus. Gottseidank.
Dann kommt relativ schnell die Lombardsbrücke, unter ihr durch geht es in die Außenalster. Weil die Bojen sehr weit auseinander stehen fällt es mit irgendwie schwer trotz der einfachen Schwimmstrecke die Orientierung zu behalten. Zweimal müssen mir die Rettungsschwimmer helfen, weil ich irgendwie auf falschem Kurs bin. Zwischen den Bojen ist das Schwimmen sehr angenehm, an den Bojen selbst stoße ich immer mit vielen anderen zusammen. Irgendwie sammeln sich an den Bojen alle Schwimmer immer wie Insekten am Abend an einer Lichtquelle. Bis zur Wendeboje läuft es relativ gut. Der Rückweg zur Lombardsbrücke erscheint mir unglaublich lang. Als die Brücke erreicht ist und es zurück in die Binnenaltster geht, merke ich, dass ich schon relativ erschöpft vom Schwimmen bin. Aber ab hier ist das Ziel im Blick und der Weg zum Ausstieg läuft wie geschmiert. Ich weiß, dass ich es sicher auf die Radstrecke schaffen werde und das schafft neue Motivation, der holprige Schwimmstart ist vergessen.

Am Ausstieg steht zwischen hunderten von Menschen mein Fanclub. Alles rauscht an mir vorbei. Trotz rufen und winken nehme ich sie nicht wahr. Auf in die Wechselzone.
Ganz ruhig und entspannt trockne ich mich kurz ab und ziehe, Radschuhe, Ärmlinge und Windweste an. Helm auf, Beutel wieder hinhängen und lostraben zum Rad. Ich fühle mich gut und motiviert, auch wenn ich mit 180 Km auf dem Rad vor mir die Hosen mächtig voll habe.

Die Radstrecke führt in einer kleinen Schleife zunächst über St. Pauli bis etwa Altona und geht entlang an den Landungsbrücken, Freihafen und Elfi zurück, und geht dann weiter neben einem Deich die Elbe entlang. Die Strecke über St. Pauli und an den Landungsbrücken zurück ist fordernd. Ich verstehe, dass Hamburg als Ausrichter zeigen möchte was es zu bieten hat. Aber das hat seinen Preis: Schlaglöcher, Kopfsteinpflaster, Bahnübergänge, enge Kurven.
Die Strecke am Deich entlang ist spitze. Super Straßenverhältnisse und schnurstracks gradeaus. Ein Eldorado fürs TT-Bike. Aber: Sehr viel Wind. Schon in der ersten Runde merke ich wie sehr mich der mürbe macht.
Im vergangenen Jahr ging es auch auf dieser Strecke zurück Richtung Innenstadt. Im Begegnungsverkehr kam es aber zu einem Unfall, bei dem ein Medienmotorrad im Begegnungsverkehr einen Radfahrer frontal erwischt hat. Folge: Ein Toter, zwei Schwerverletzte. Aus diesem Grund wird die Strecke in diesem Jahr anders zurückgeführt. Und dieser Teil der Strecke ist hart. Abwechselnd freie Fläche mit viel Wind und Wohngebiete mit sehr schlechten Straßenverhältnissen. Gegen Ender der ersten 90-km-Runde schmerzen Handgelenke und Schultern stark infolge der ganzen Schlaglöcher, die ich nicht immer rechtzeitig gesehen habe. Das mag auch der Preis dafür sein, dass ich die Masse auf einer Indoorrolle trainiert habe.
Sei’s drum. Nach den ersten 90 km bin ich echt durch. Der Gedanke daran die gleiche Runde noch einmal fahren zu müssen ist eine echte erste mentale Herausforderung. Ich erinnere mich daran wie gerne ich auf die Laufstrecke will und das hilft.
Auf der zweiten Runde sind nur noch wenig Radfahrer auf der Strecke. Das macht das ganze entspannter, aber dadurch weiß ich auch, viele sind schon fertig mit der Radrunde und ich muss aufpassen nicht die CutOffZeit zu reißen. In der ersten Runde wurde ich bereits von den Profifrauen überrundet. Es fällt mir immer schwerer in die Pedale zu treten. An einer Verpflegungsstation halte ich sogar an und steige kurz vom Rad um meinen Körper einmal durchzustrecken. Es nützt ja nix. Auch wenn meine Durchschnittsgeschwindigkeit rapide runter geht, ich überhole doch den ein oder anderen. Ein Blick in deren Gesichter verrät: Denen geht es auch nicht besser als mir.

Ziemlich erschöpft erreiche ich nach 180 Km zum zweiten mal die Wechselzone. Als einer der letzten hänge ich mein Rad an die Stange. Mein Fanclub steht auf Höhe meiner Wechselbeutel und feuert mich an. Mein Kommentar „Erklärt mal wie ich jetzt noch einen Marathon schaffen soll!“ schieben sie mit einem gekonnten „ach, das machst Du jetzt locker noch!“ beiseite. Im Wechselzelt, stelle ich fest, dass ich den falschen Wechselbeutel genommen habe. Also nochmal zurück den richtigen Wechselbeutel holen. Neben mir auf der Bank sitz einer, der auch noch nicht ganz so recht weiß wie er die Laufstrecke überleben soll. Ich ziehe mich wie geplant komplett um und lasse mir bewusst Zeit dabei. Jetzt in Hektik verfallen tut keine Not.

Mit einem „Du schaffst das!“ vom Fanclub starte ich auf die Laufstrecke. Und ich weiß: Das wird jetzt kein Spaziergang …

Die Laufstrecke geht insgesamt vielmal die komplette Alster hinauf und wieder runter. Der gesamt Weg ist gesäumt von gut gelaunten feiernden Menschen. Grandiose Stimmung überall. Obwohl sie kaum einen der Athleten kennen feuern sie jeden an. Man kann das kaum beschreiben, aber es ist ein unglaublich tolles Gefühl und so etwas trägt Dich über die Strecke.
Die erste Runde kann ich noch relativ locker durchtraben, gegen Ende der ersten 10 Km werden meine Beine richtig schwer, der Rücken und die Knie schmerzen. Es nützt nichts, ich muss gehen. An der nächsten Verpflegungsstation klopfen Sie mir auf die Schulter „Mega, Du schaffst Das!“.
Allerdings habe ich grad starke Zweifel, ob das noch zu schaffen ist. Jeder Versuch wieder ins Laufen zu kommen scheitert. Die Beine wollen einfach nicht mehr. Es ist zum Verzweifeln. Der Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich den Rest verdammt schnell „gehen“ muss um es noch vor Zielschluss zu schaffen.
Als ich meinen Fanclub an der Laufstrecke treffe, klage ich mein Leid, dass das so wohl nicht zu schaffen ist. Sie zücken den Taschenrechner und rufen: „Wir haben das durchgerechnet! Das passt! Stramm weitergehen! Einfach so weitergehen! DAS PASST!“ und ich gehe stramm los. Im Grunde wie ein Leistungsmarsch bei der Bundeswehr. Das kenne ich ja …
Und so trotte ich vor mir hin. Am Rande werde ich angefeuert und mein T-Shirt mit dem aufgedruckten Bügeleisensymbol vorn und dem #BügelKai hinten wird überall gefeiert. An den Verpflegungsstationen päppeln sie mich immer wieder auf. Um mich herum sind immer mehr Athleten mehr gehend als laufend unterwegs. Wenn man in deren Gesichter schaut will man wirklich nicht wissen wie man selbst ausschaut. Jedes mal wenn ich an meinem Fanclub vorbeikomme rufen Sie „Weiter so! Das kommt genau hin! Die Zeit passt!“

Ich habe immer mehr Zweifel ob das wirklich passt. Aber ich „marschiere“ weiter.
Die letzte Runde entlang der Alster ist sehr einsam. Die Verpflegungsstationen packen schon etwas zusammen. Trotzdem bekomme ich noch alles was ich brauche. Es ist bereits dunkel. Nur noch einzelne Leute stehen am Rand und klatschen. Sie rufen Dinge wie „ich hätte das niemals geschafft, Du bist große Klasse“ oder „Saustarke Leistung!“ oder „Respekt! Du ziehst das durch!“.
Es motiviert. Aber tief in mir drin bin ich schon etwas enttäuscht, dass ich mich auf diese Art und Weise ins Ziel schleppen muss. Aber es geht nicht anders und jetzt aufgeben ist auch keine Option.

Am Gänsemarkt angekommen wird mir klar: Ich komme ins Ziel! An der „Lap-Control“ werde ich hart gefeiert. Ich rufe den Helfen zu „Na? welche letzte Farbe habt ihr noch für mich?“ und sie rufen „ROT!“ und ich „DAS NEHME ICH!“ und alle lachen, ich bekomme ein rotes Armband, als Bestätigung für das absolvieren der letzten Runde und ich trabe Richtung Rathausmarkt …

Am Rathausmarkt ist Partystimmung. Als ich den roten Teppich sehe sind alle Schmerzen weg. Was nun kommt lässt sich mit keinem Wort beschreiben. Musik. Jubelnde Menschen. Ich trete an die First-Timer-Glocke und läute diese. Ein Mann am Mikro ruft „da kommt Kai, hopp! hopp! die letzten Meter, Kai! YOU ARE AN IRONMAN!“ und dann kommt die Ziellinie. Ich habe es geschafft! Und ich weiß nicht ob ich lachen oder weinen soll. Die Frau, die mir meine Finishermedaille umhängt kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich bin etwas verdutzt, dass sie Englisch mit mir spricht. Sie klopft mir auf die Schulter, ich bekomme eine Wärmedecke. Ich habe es nur wenige Minuten vor der CuttOffZeit ins Ziel geschafft. Der Fanclub hat recht behalten: Das Tempo hat vollkommen ausgereicht. 🙂

Das Fazit mit etwas Abstand danach:

  1. Ich habe es geschafft! Ich bin ein Ironman! Mit 15h 27min 01s noch vor dem Besenwagen und offiziell auf dem allerletzten Platz. Dazu muss man aber auch sagen, dass es gute 200 von den rund 2500 Startern nicht ins Ziel geschafft haben.
  2. Dass ich überhaupt beim Laufen nicht aufgegeben habe, habe ich meinem Fanclub vor Ort zu verdanken, die mir immer wieder beteuert haben, dass das mit der Zeit hinkommt. Das war am Ende das Zünglein an der Waage der Motivation.
  3. Die Dame, die mir im Ziel meine Medaille umgehängt hat war übrigens keine geringere als Maja Stage Nielsen, die an diesem Tag Vizeeuropameisterin geworden ist. Das ist wirklich eine sehr große Geste, die ich leider erst am Tag danach wirklich geblickt habe. Danke Maja für diese große Wertschätzung gegenüber den Agegroupern. Diese Tradition, dass die ersten den letzten die Medaillen umhängen ist etwas sehr besonderes, das diesen Trieathlonsport ausmacht.
  4. Auch wenn der Marathon am Ende ein „elender Gang“ war, das Schwimmen und das Radfahren waren tatsächlich in der geplanten Zeit. Von daher kein Grund zur Enttäuschung. Und ich war bei weitem nicht der einzige, der am Ende nicht mehr laufen konnte. Ankommen war das Ziel. Dieses Ziel habe ich erreicht.
  5. Ich habe viel mit meinem neuen TT-Bike gehadert im Training. Auf der Wettkampfstrecke sind wir doch noch Freunde geworden. Das Trinksystem hat sich als großartig herausgestellt und auf der Rennstrecke entlang der Elbe hat es wirklich sehr viel Spaß gemacht.
  6. An die Helfer an der Strecke: IHE SEID EINFACH NUR GROßARTIG! Ohne Euch wäre das alles gar nicht möglich. An den Verpflegungsstationen fehlte es an nichts, Ihr habt sehr zur Motivation beigetragen. Und insbesondere dem Rettungsschwimmer in der Alster danke ich sehr, dass er mich kurz nach dem Start beruhigen konnte und einfach zwei Minuten für mich da war. Danke!
  7. Hamburg. Ich habe bewusst Hamburg für die erste Langdistanz gewählt. Und das war gut. Ich kannte schon Teile der Strecke von den olympischen Distanzen. Das hat sich bewährt. Das Wetter war nahezu ideal. Kein Regen, keine brütende Sonne, nur auf der Radstrecke reichlich Wind. Hamburg war definitiv eine gute Wahl.
  8. Du brauchst Menschen um Dich herum, die ein Projekt wie eine Langdistanz möglich machen. Allen voran eine Partnerin, die diesen ganzen Zirkus mitmacht. Wenn man sich eh nur am Wochenende sehen kann und diese Zeit auch noch dem Sport zum Opfer fällt, dann fordert das einer Beziehung schon sehr viel ab. Ich bin wirklich glücklich, dass ich eine Partnerin an meiner Seite habe, die mich so unglaublich unterstützt hat, um diesen großen Traum wahr werden zu lassen.
    Dann hatte ich zusätzlich noch einen Coach, der mir die gesamte Trainingsplanung abgenommen hat und der an mich geglaubt hat. Die Umstände mit beruflichem Pendeln und viele andere Herausforderungen hat er angenommen und absolut das Maximum aus der verfügbaren Trainingszeit herausgeholt. Danke Olli Buck.
    Und dann noch die Fans vor Ort: Das war das Maximum an Unterstützung, was ich haben konnte. Danke Euch allen. Ihr habt einen großen Anteil am Erfolg!

#goal2023

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Jetzt wo das Jahr schon eine Woche alt ist, wird es mal Zeit über die sportlichen Ziele für das Jahr zu schreiben.

Als ich beim Zieleinlauf bei der Mitteldistanz in Elsinor sehr abgekämpft über die Ziellinie geeiert bin, war mein erster Gedanke „ich bin zu alt für so einen Scheiss“. Einen Tag später sah es aber schon wieder ganz anders aus. Denn wenn ein Satz stimmt, dann dieser: „Der Schmerz geht, der Stolz bleibt!“. Wenn man sein Ziel erreicht hat, stellt sich schon die Frage was noch möglich ist. Vor wenigen Jahren war es für mich völlig utopisch eine Triathlon Mitteldistanz zu absolvieren. Heute weiß ich, dass mit strukturiertem Training mehr möglich ist als man denkt. Der Schritt zur Langdistanz ist sicher riesengroß, aber unmöglich scheint er mir nicht mehr. Warum auch sollte man das nicht wenigstens versuchen? Das Leben braucht eine Herausforderung. Und ich möchte es einfach auch wissen, ob ich das schaffe. Es ist eine Mischung aus Faszination, Neugier und jetzt erst recht. Mir geht es auch um keine Bestplatzierung in der Altersklasse, sondern um Ankommen.

Nach etwas Grübeln und Anfreunden mit dem Gedanken ist dann für dieses Jahr ein Plan als Zwischenschritt von Mittel- auf Langdistanz entstanden.
Ich werde alle Einzeldistanzen eines Ironman als Einzelwettbewerb machen. Also ein Langstreckenschwimmen, einen Marathon, einen Radmarathon (bzw. ein Jedermannrennen oder eine RTF mit mindestens 150 Km). Der Schwerpunkt soll der Marathon sein, weil ich hier den allergrößten Respekt vor habe. Wenn diese drei Einzelwettbewerbe grundsätzlich funktionieren, dann habe ich mir für 2024 vorgenommen bei einem Ironman oder einer anderen Langdistanz an die Startlinie zu gehen. Mein Favorit wäre der Ironman Hamburg, aber das wird entschieden wenn es soweit ist.

Somit steht die Wettkampfplanung für 2023 und das #Goal2023 weitestgehend fest:

Der Plan ist auch in diesem Jahr wieder etwas mehr über Training und Wettkämpfe hier zu dokumentieren. Mal sehen ob das klappt 😉

Sportlicher Jahresrückblick 2022, Teil 2

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Rad am Ring, 22.-24.07.2022

Einmal im Jahr verwandelt sich der Nürburgring zur „grünen Hölle“. Dann donnern dort keine Rennwagen über den Asphalt, sondern Rennräder. Und das über 24 Stunden.

Mehr oderweniger wie die Jungfrau zum Kind, bin ich da Teil eines Vierer-Teams geworden. Ohne zu wissen was es eigentlich genau bedeutet, hatte ich damals einfach mal gesagt ich mache da mit. Erst nach meiner Zusage hatte ich gegoogelt was da eigentlich so abgeht.

Mit dem Rennrad über eine Motorsportrennstrecke bügeln, klang erst mal sehr verlockend. Und da man das abwechselnd zu viert macht, schien es nicht sooooo schlimm zu sein. Wenn dann dabei noch reichlich Höhenmeter zu überwinden sind, sieht es geringfügig anders aus.

Für die Jedermannrennen in verschiedenen Distanzen und für das 24-Stunden-Rennen werden die Grandprix-Strecke und die Nordschleife zu einer rund 26 km langen Radstrecke zusammengelegt. Und diese Strecke hat es in sich. Pro Runde sind 92 Kurven zu durchfahren und 560 Höhenmeter zu überwinden. Die meisten der Höhenmeter fährt man im Abschnitt „Hohe Acht“, dort geht es sogar mit einer Steigung bis zu 17% bergauf. Und wo es viel bergauf geht, muss man irgendwo auch wieder herunter. Auf einigen der Abfahrten erreichen die Rennradfahrer bis zu 100 km/h. Mehr Spaß geht eigentlich nicht. Ich hatte allerdings bei 60 km/h die Hosen schon so dermaßen voll, dass ich da eher vorsichtig die Bremsen gezogen habe. 😉

Für mich hieß das ganze Grenzen auszutesten. Die einen kämpfen auf jeder Runde mit den Höhenmetern, die anderen kämpfen mit dem andauernden Schlafmangel. Ich habe 24 Stunden mit beidem gekämpft. Dem Körper über eine Dauer von 24 Stunden immer wieder Leistung abzuverlangen war eine gänzlich andere Belastung, als das was ich bisher so sportlich getrieben hatte. Am Ende war es die Teamleistung, die alle bis ins Ziel getragen hat.

Rad am Ring war rundum ein tolles Gemeinschaftserlebnis. Man campt direkt an der Rennstrecke und wechselt sich rundenweise ab. Es war nicht nur die sportliche Herausforderung, sondern das gemeinschaftliche Gesamterlebnis, was diese Veranstaltung so besonders gemacht hat.

Rad am Ring
Sundown am Nürburgring

Cyclassics Hamburg, 21.08.2022

Für das dritte Highlight des Jahres war ich wieder einmal in Hamburg. Diesmal jedoch nicht zum Triathlon. Diesmal waren es die Cyclassics, eines der bekanntesten und auch beliebtesten Jedermann-Radrennen in Deutschland.

Für dieses Event war ich im Coronajahr bereits gemeldet. Nur wegen der Seuche wurde es immer wieder um ein Jahr verschoben, in diesem Jahr dann auch endlich durchgeführt. Für mich sollte das meine erste 100 km Runde werden. Spoiler vorweg: Es waren knapp unter 100 Km, was ich recht schade finde. Es hätten 101 oder 103 km sein können, aber nicht unter 100.

Den größten Respekt hatte ich vor dem Massenstart, mit hunderten Radfahrern dicht an dicht loszurasen. Eine unkonzentrierte Handlung konnte dazu führen, dass massenhaft Leute ineinanderrauschen. So wie man es bei der Tour de France schon oft gesehen hat. Letztendlich musste ich aber feststellen: Alles halb so wild. Alle fuhren umsichtig und vorsichtig los, schon nach wenigen Kilometern entzerrt sich alles und wird total entspannt.

Was ich bis dato gar nicht kannte, weil im Triathlon verboten, war das Fahren im Windschatten. Und so lief dann auch die ganze Fahrt. Man hängt sich in eine Gruppe, die ungefähr gleiches Tempo fährt. Das braucht ein paar Versuche bis man die richtige zum mithalten gefunden hat. Aber dann fahren sich 100 Km sehr entspannt. Zu meinem Erstaunen habe ich das ganze sogar mit einem 30er Schnitt geschafft, was für meine Verhältnisse zwar sehr gut ist, aber insgesamt auf einer so flachen Strecke eher langsam ist (Ja, richtig gelesen, langsam!).

Auch hier muss ich sagen, tolles Erlebnis. Vor allem die komplett abgesperrte Strecke hat ihren Reiz, da man sich um Straßenverkehr keinerlei Gedanken machen muss.

Hamburg Cyclassics
Ready to rumble!

Und dann waren da noch …

… meine ersten beiden Teilnahmen in der Triathlon Landesliga und mein erster Einsatz als Triathlon Wettkampfrichter.

Der Start in der Landesliga hat seinen ganz eigenen Reiz. Hier geht natürlich auch darum möglichst schnell als Einzelkämpfer auf einer Sprint- oder Kurzdistanz ins Ziel zu kommen. Aber weil das ganze über vier Triathlons und jeweils mit einem Vierer-Team, deren Leistungen am Ende zusammenaddiert werden, gemacht wird, hat das ganze seine ganz eigenen Gesetze. Obwohl Triathlon ein Einzelsport ist, macht die Liga das zu einem Team-Ereignis, was wiederum eine ganz andere Erfahrung war als meine bisherigen Triathlons.

Der Einsatz als Wettkampfrichter beim Ironman 70.3 in Duisburg hat mir nochmal einen ganz neuen Blickwinkel auf meinen Sport gegeben. Zum einen war mir bis zur Ausbildung zum Kampfrichter gar nicht bewusst, wie umfangreich doch das Triathlon Regelwerk eigentlich ist. Man kann es kaum glauben, aber man kann beim Triathlon echt viel falsch machen …. 😉
Ich war dann in Duisburg in der Strafbox auf der Radstrecke eingesetzt. Hier landeten die Sportler, die auf der Radstrecke z.B. gegen das Windschattenfahrverbot verstoßen hatten und dann Ihre Strafzeit dort absitzen mussten. Lustig war dann, dass mit mir eine Strafe ausdiskutiert wurde, die ich nur zu überwachen hatte aber nicht verhängt hatte. Ich sags mal abschließend so: In der Strafbox lernt man Menschen kennen.

Ups, I did it again!

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Jeder Triathlon ist anders. Das wird mir schon am Abend vor dem Wettkampf klar, als ich meine Startunterlagen abhole und mit dem Auto die Radstrecke abfahre. Im Gegensatz zu meinem ersten Triathlon geht es hier ganz schön bergauf.

Sehr früh und aufgeregt stehe ich auf einem Parkplatz am Möhnesee. Hier startet gleich der Triathlon, den ich eigentlich als meinen ersten machen wollte, der aber dann mein zweiter ist. Es ist relativ kühl und windig. Auch diesmal habe ich einen kleinen Fanclub dabei: Mein Vater und mein Bruder, samt Frauen und Kinder.

Zuerst starten die Teilnehmer der Olympischen Distanz. Der Wind hat stark zugenommen und der See sieht sehr wellig aus. Gute Schwimmer schaffen die 1500 Meter in etwa 20 Minuten. Nach 25 Minuten steigt der erste aus dem Wasser. Alle um mich herum munkeln, wie schlecht die Schwimmbedingungen bei diesem Wind sind. Das zeigt sich auch deutlich an den Schwimmzeiten. Für die Olympische Distanz gibt es eine Sperrzeit, in der man das Schwimmen abgeschlossen haben muss. Hier liegt diese bei 45 Minuten. Nach diesen 45 Minuten ist allerdings noch gut die Hälfte aller Athleten im Wasser. Daher sieht man aufgrund des Wetters von der Einhaltung der Sperrzeit ab. In mir steigt ein ungutes Gefühl auf. Der Start für meine Distanz wird nach hinten geschoben.

Dann geht es los für die Sprintdistanz. Ich stehe mit rund 250 Leuten am Ufer. Startsignal. Ich halte mich etwas zurück und lasse die Übermotivierten erstmal vorbei. Der Wellengang ist wirklich enorm. So richtig mit Technik schwimmen vergesse ich sofort, denn ich habe Mühe mich überhaupt über Wasser zu halten. Panik will ich das nicht nennen, aber mir wird schnell klar, dass das alles nicht gut ist. An der ersten Boje bin ich schon ziemlich erschöpft. Um mich herum rufen plötzlich mehrere Schwimmer um Hilfe. Kurz überlege ich auch mich aus dem Wasser fischen zu lassen. Der DLRG Mann steuert mit seinem Boot bereits auf mich zu, ich winke ab und gebe ihm zu verstehen: Ich will nicht aufgeben.

Ich fasse einen Entschluss: Du wirfst jetzt alle Schwimmtechnik über Bord und scheißt auf die Zielzeit! Ankommen ist jetzt angesagt!
Und so schwimme ich wie Omma Pasulke mit Blümchenbadekappe im Dortmunder Südbad in Richtung Strand, den Kopf stets über Wasser irgendwie durch die Wellen hindurch. Ich brauche 22 Minuten für 500 Meter (geplant hatte ich so um die 10!). Als einer der letzten steige ich aus dem Wasser. Enttäuschung kommt in mir auf. Aber egal, ich habs geschafft und torkle ziemlich entkräftet zu meinem Fahrrad in der Wechselzone.

Auf dem Fahrrad geht es gleich mit einer Steigung los. Nach diesem Disaster im Wasser japse ich nun auf dem Fahrrad im Schildkrötentempo den ersten Berg hoch. Bis auf ein paar von der Olympischen Distanz, die mich auf ihrer zweiten Runde überholen, bin ich relativ allein auf der Strecke. Die Strecke ist wunderschön, nach der ersten Bergabfahrt macht das ganze wieder richtig Spaß. Mit neuer Motivation trete ich in die Pedale, überhole sogar noch drei Mitstreiter. Auf der Hälfte sehe ich jemanden sein Fahrrad schieben. Ihm ist die Kette gerissen.
Bei der letzten Steigung nähert sich von Hinten ein Rennradfahrer. Er ist gute 20 Jahre älter als ich und kein Teilnehmer hier am Triathlon. Als er auf meiner Höhe ist, lächelt er mich an und sagt: „Du machst das super! Nur noch diese Steigung und dann hast Du es geschafft! Weiter so!“
Ich hebe meinen Daumen und japse so etwas wie „Danke!“ und trete nochmal ordentlich rein.

Zurück in der Wechselzone entdecke ich am Rand meinen Vater. „Junge! Wie isses? Haste noch Luft?“, ruft er mir zu. Für eine Antwort habe ich definitiv keine Luft. Meinen Blick deutet er jedenfalls richtig, und er stellt keine weiteren Fragen.

Die Laufstrecke schaffe ich sogar in meiner üblichen Zeit. Im Ziel werde ich von meinem Fanclub in Empfang genommen. Ich gönne mir ein alkoholfreies Bier um den Elektolyte-Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Ich bin völlig erledigt. Aber stolz. Ich habe deutlich länger gebraucht für diesen Triathlon als für meinen ersten. Das ist mir aber völlig egal. Denn ich habe das Ding zu Ende gebracht, auch wenn es nicht gerade optimal gelaufen ist. Es hat Spaß gemacht, auch wenn es nicht sehr vielversprechend begonnen hat. Der Weg ist das Ziel. Das ist es was Triathlon ausmacht. Nicht mehr und nicht weniger.

Als ich mich vom Möhnesee auf den Heimweg mache steht für mich fest:
2018 Olymische Distanz.

Entschluss

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Es fühlt sich an wie eine Ewigkeit, aber tatsächlich sind es grade mal zehn Minuten. Zehn Minuten, die ich schnaufe wie eine alte Dampflok aus einem Museum. Und dabei laufe ich nicht mal. Eigentlich „walke“ ich nur. So nordisch, wie man das neuerdings so macht.

Ich hatte mich beim Nordic Walking angemeldet, weil ich wusste, dass meine Kondition nicht die beste ist. Und die Ärztin im Aufnahmegespräch, mit dem die Kur hier an der Nordsee begann, ließ mir freundlicherweise die Wahl, welche Bewegungsart ich an der frischen Luft bevorzuge. Und da dachte ich Nordic Walking ist vielleicht das kleinste Übel.

Naja, wieder was gelernt. In diesem Fall: Nordic Walking ist scheiße anstrengend, wenn man es richtig macht, also nicht so wie Spazierengehen mit Stöcken, wie die Omas, die ich letztens daheim im Park so gesehen habe.

Jedenfalls schnaufe ich nun mit Stöcken um mich wirbelnd einer Bewegungstherapeutin hinterher, die vermutlich extra für mich drei bis sieben Gänge runtergeschaltet hat. Mir ist es fast schon etwas peinlich, dass ich so schlecht beieinander bin. Aber eigentlich bin ich ja auch genau deswegen hier in dieser Kurmaßnahme. Könnte ich mir denken. Tue ich aber nicht. Stattdessen wurmt es mich, dass die Therapeutin vor mir, also inzwischen sehr weit vor mir, schwanger ist. Und das nicht erst seit vier Wochen. Die Pocke, die sie vor sich herschiebt, ist schon etwas größer. Meine Kondition war wirklich schlecht in diesen Tagen.

Das war vor etwa 9 Monaten.

Wie auch immer. Ich überlebte diesen Nordic Walking Kram und auch diese Kur. Nach der Kur hatte ich irgendwie wieder sehr viel Spaß an Bewegung an frischer Luft. Gottseidank. Im Nachhinein das Beste, das ich von dieser Kur mit nach Hause gebracht habe. Und so gehe ich seit etwa einem dreiviertel Jahr wieder regelmäßig joggen. Zwei bis dreimal die Woche und bei wesentlich besserer Kondition inzwischen. Ab und an gehe ich sogar Schwimmen. Und dann fiel mir letztens noch auf, dass ich ja noch ein Fahrrad besitze, das man auch mal wieder benutzen könnte.

Und so kam eins zum anderen. Ich habe viele Freunde, die inzwischen einen Marathon gelaufen sind. Sei es aus der Midlifecrisis heraus oder einfach nur, weil sie es können. Ich habe das immer bewundert. Nicht, dass sie 42 Km am Stück durchgelaufen sind, sondern dass sie ein Ziel gesetzt und dieses auch verfolgt hatten. Das fand ich schon immer irgendwie bewundernswert und wollte mir auch immer schon selbst solch ein Ziel stecken. Aber bei aller Liebe, einen Marathon? 42 Km laufen finde ich ehrlich gesagt dann doch etwas langweilig. Aber wenn man die Strecke etwas unterhaltsamer und abwechslungsreicher gestalten könnte, vielleicht mit anderen Disziplinen …. und so reifte in mir der absurde Entschluss: Ich mach nen Triathlon.

Als ich meiner lieben Frau, der Chefin, diesen Entschluss offenbarte schaute sie mich in etwa so an als ob ich sowas glaubwürdiges wie „Den Keller, den räume ich nächstes Wochenende bestimmt mal auf!“ gesagt hätte.
Es klingt ja auch wirklich absurd. So unsportlich wie ich die letzten Jahre war, und dann gleich ein Triathlon. Ich habe da lange drüber nachgedacht, aber letztendlich: Ich habe Spaß an Bewegung, ich möchte irgendwie mal diese Wettkampfstimmung erleben, und ich möchte auch mal wieder meine Grenzen erfahren. Und ein bisschen bekloppt war ich immer schon.

Und letzte Woche habe ich es getan. Im Internet ein Anmeldeformular ausgefüllt und den „Senden“-Button geklickt. Denn kneifen gilt nicht. Und wenn man sich selbst nicht beim Wort nimmt, dann wird das nie was. Heute wurde die Anmeldung bestätigt. Im August ist es soweit: Ich bestreite meinen ersten Triathlon. Einen Volkstriathlon. Nix wildes, aber ein Ziel. 500 Meter Schwimmen, 23 Km Radfahren und 5 Km Laufen.

Über den Weg dahin werde ich hier weiter berichten.

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